Bodenhebungen im Januar 2020

Es war der erste Vulkanausbruch auf der Halbinsel Reykjanes seit über 800 Jahren. Und er hatte sich 15 Monate lang angekündigt: ab Januar 2020 wurden z.T. sehr starke Schwarmbeben auf der Halbinsel zwischen Reykjavík und dem internationalen Flughafen Keflavík gemessen.

Hinzu kam eine signifikante Hebung des Erdbodens um teilweise mehrere Millimeter pro Tag. Diese wurde schnell als Magmaintrusion in der Erdkruste in wenigen Kilometern Tiefe gedeutet, und die Wahrscheinlichkeit eines Vulkanaus-bruches wurde als sehr hoch eingeschätzt. Natürlich war lange unklar, wo genau der Ausbruch stattfinden würde, und mit welcher Intensität. Insbesondere die Hafenstadt Gríndavík war von den Erdstößen stark betroffen, und Evakuierungs-pläne wurden für die Anwohner entworfen.

Der Ausbruch startetet dann am 19. März 2021 in unbewohntem Gelände, und er war viel kleiner als von vielen befürchtet. Anfangs öffnete sich eine 600 Meter lange Vulkanspalte, die sich in den folgenden Tagen auf einen Förderschlot reduzierte.

Die Einheimischen bezeichnen einen derartigen Vulkanausbruch gerne – etwas depektierlich – als tourist eruption, da man ihn relativ gefahrlos aus nächster Distanz beobachten kann. Schnell wurde auch vom kleinsten Vulkan der Welt gesprochen, der Vulkankegel war selbst nach zweiwöchiger Aktivität noch keine 50 Meter hoch.

Der „Baby-Vulkan“ am 26. März 2021

Dieses Geschehen änderte sich im April 2021, als sich auf einem nördlichen Berghang weitere Vulkanspalten öffneten. Längst war das Gebiet mit mehreren Internet-Webcams ausgestattet, sodass die ganze Welt online zuschauen konnte, wie sich der Ausbruch weiter entwickelte.

Webcam des isländischen TV-Senders RUV am 5. Mai 2021

Ab Mai 2021 begann dann die spektakulärste Phase der Eruption: der Ausbruch reduzierte sich auf nur noch einen einzigen Förderschlot, und die Lava wurde, ähnlich wie Wasser bei einem Geysir, episodisch in die Luft geschleudert. Zwischen diesen Ausbrüchen gab es keine sichtbare Aktivität. Die Höhe der Lavafontänen wurde auf bis zu mehrere hundert Meter geschätzt, sie waren sogar von Reykjavík aus zu sehen!

Lava floss vermehrt nach Osten in die Meradalir-Täler, und ab dem 23. Mai auch nach Nátthagi (ein Tal südlich der Meradalir), was insbesondere für den Suðurstrandarvegur (die Küstenstraße zwischen Gríndavík und Þorlákshöfn) eine große Bedrohung darstellte. Für Vulkantouristen war dieses Spektakel natürlich wie ein Lottotreffer: die Lavafontänen konnte man wochenlang aus nächster Nähe (ca. 200 Meter Entfernung) beobachten, bis schließlich mehrere Wanderwege von den Lavaströmen überflossen wurden und der Zugang bis direkt an den Krater nicht mehr möglich war.

Nach ein paar Wochen änderte sich das Ausbruchsverhalten erneut: ab Ende Juni gab es keine hohen Lavafontänen mehr, und Pausen und aktive, von effusiver Aktivität geprägte Phasen wechselten sich in einer etwa halbtägigen Frequenz ab. Diese Form der Aktivität hielt bis Anfang September an. Ab da gab es mehrtägige Phasen ohne sichtbare Aktivität.

Die letzte sichtbare Vulkanaktivität wurde am 18. September 2021 beobachtet (Lavaströme und strombolianische Aktivität am Hauptkrater). Drei Monate später – am 18. Dezember 2021 – wurde der Vulkanbruch am Fagradalsfjall schließlich „offiziell“ für beendet erklärt. Ungeachtet dessen ist seitdem wieder verstärkte Erdbebentätigkeit im Gange, und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auf der Halbinsel Reykjanes der nächste Ausbruch beginnt…

Strombolianische Aktivität am 16. September 2021 – zwei Tage vor Ende der Eruption

Nachtrag: am 3. August 2022 begann ein neuer Vulkanausbruch unweit der Ausbruchsstelle von 2021 » weitere Infos hier